Autor: sb-admin

Wie weiter?

Kapitel 3

"Wenn ein Drache steigen will, muss er gegen den Wind fliegen." - chinesisches Sprichwort

Tag 9

Nachdem ich gestern am Balaton angekommen bin, habe ich mir wieder eine bleibe gesucht. Einen Rest Day am Balaton möchte ich mir dann doch gestatten. Das Wetter heute ist eh nicht optimal und ich kann die Chance wieder nutzen um ein wenig am PC zu arbeiten bevor es morgen in aller frische entlang des Balatons geht. Lediglich um im lokalen Supermarkt die Vorräte aufzufüllen und für den Tag etwas zu besorgen, habe ich mein Anwesen verlassen.

Solche geplanten Ruhetage dienen nicht nur als Energiespender, sie sind auch sehr dienlich um das zuvor erlebte zu verarbeiten. Das ist der große Vorteil, wenn man mit Fahrrad unterwegs ist. Anhalten wo man will, seine Umgebung wahrnehmen. Ziel ist es nicht, möglichst schnell irgendwo anzukommen, sondern die Vielseitigkeit der Strecke wahrzunehmen.

Lediglich das Wandern stellt wohl eine noch intensivere Form der Umgebungswahrnehmung dar.

Tag 10

 

Bevor es heute weiter geht, heißt es wieder packen. Wie sehr man doch sein bisschen Kram an nur einem Tag zerstreuen kann. Am Ende findet jedoch alles wieder seinen vorgesehen Stauplatz. Ein System, welches sich nach und nach verfestigt.

Bevor das Fahrrad beladen wird noch ein stärkendes Haferbrei Frühstück und dann geht's wieder ans anbauen.

Ich freue mich richtig heute weiter zu fahren. Besonders da es den ganzen Tag die Balaton-Route entlang geht. Aber nun genug gekunkelt. Es ist ja schon wieder um 11. Los jetzt.

Kaum los habe ich die ersten Gelegenheit genutzt um ans Wasser zu gehen. Der Tag ist dabei sein Versprechen einzulösen. Vom gestrigen Regen ist nichts mehr übrig. Heute schwebt die Sonne als alleiniger Himmelsbesitzer über dem See.

Es dauert nur wenige Kilometer und mein Ersteindruck vom Balaton und der Region wandelt sich komplett. Als wäre ich hunderte Kilometer vom Nord-Östlichen Ende des Sees entfernt, tut sich rund um die Halbinsel Tihany ein komplett anderes Bild auf.

Hier wurde viel Geld in Sanierung, Modernisierung und Tourismus gesteckt. Es reihen sich Hotels und Ferienwohnungen sowie dazugehörige Restaurants und Shops aneinander. Freizeitmöglichkeiten gibt es zu Genüge. Ohne direkt nach ihnen gesucht zu haben komme ich an Spaßbädern, Seilgärten und GoKartBahnen vorbei. Ja, das hier ist ein Urlaubsgebiet.

Auf Tihany selbst gibt es einen kleinen Hügel auf welchen sich ein kleiner Ort erstreckt. Hier wurde auch versucht das traditionelle noch beizubehalten. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass hier zur Hochsaison andere Zustände herrschen. So war es für mich ein sehr angenehmes Vorankommen mit ständigen Halts um die Aussicht auf den riesigen Balaton zu genießen.

Desto mehr ich mich von der Halbinsel entfernte änderte sich auch wieder das Bild. Nicht mehr ganz so modern und zugebaut.

Ab Badacsonytomaj führte die Route etwas weg vom See durch ein Weinanbaugebiet. Offensichtlich auch ein sehr beliebtes Ziel unter Wanderern. Der sonnige Tag hat sie alle herausgelockt. Scharen von Menschen, bestückt mit Sonnenhüten, Wanderschuhen und Trekkingstöcken, wuselten durch die Weinebenen.

Ein Weinkeller nach dem anderen lud mit frischen Brot, fabelhaften Ausblick und natürlich Wein, die Leute zum verweilen ein.

Mist, jetzt klinge ich schon wie so ein Touristenguide den es an jeder Tankstelle zu kaufen gibt. Dabei habe ich nicht mal, auch nur eines, der Angebote genutzt. Mir hat es gereicht beim langsam Fahren die Aussicht zu genießen und in den Sonnenuntergang zu radeln.

Apropos Sonnenuntergang. Ich muss mir mal wieder Gedanken machen wo ich verbleibe. Zelten mache ich wieder nicht. Jetzt bin ich auch wieder Abseits genug von den touristischen Ballungsgebiet, dass sich schnell eine passable Unterkunft für die Nacht findet.

Die Akkus der Technik laden und am nächsten Morgen wieder zeitig los. 80 Kilometer habe ich heute geschafft. Hätte ich gar nicht gedacht, nach dem ich so viel angehalten habe um einfach zu beobachten.

Zum Abschluss von diesem Tag, möchte ich an dieser Stelle noch mal auf einen anderen genannten Punkt von mir zu Sprechen kommen.

Der Umgang mit den Tieren. Ich möchte da nämlich kein Schubladendenken oder eine einseitige Sicht über ungarische Menschen unterstützen.

Nachdem ich auf meinem Weg bis hier her, viele Tiere gesehen habe, bei denen die Haltungsbedingungen nicht meinen Vorstellungen entsprechen. Hat es mich umso mehr gefreut wenn es Menschen gibt, welche sich um ihre Tiere sorgen. Auch wenn es nur ein Gesuche nach einer entlaufenen Katze ist. Dies zeigt, dass die Samtpfote eben nicht nur ein Mäusefänger für den Besitzer ist.

Auch wenn mir persönlich so etwas zu selten auffällt, darf man solche Aspekte nicht aus den Augen verlieren.

Tag 11

Noch vor 9 Uhr saß ich wieder auf dem Fahrrad. Heute will ich die 90 Kilometer bis zur kroatischen Grenze schaffen.

Das bedeutet für mich, Abschied nehmen vom Balaton. Dies dann doch etwas unspektakulär an einem noch grauen Tag.

Mit der Entfernung vom Balaton, musste ich auch wieder mit den Straßen vorliebnehmen. Doch auch dies ist kein Problem, da es genug kleinere Nebenstraßen gibt, welche nicht so befahren sind.

Vorbei an Feldern und vielen Dörfern schlängelten sich die Straßen durchs Land. Erst kurz vor 12 Uhr habe ich an einem kleinen Supermarkt Stopp gemacht und mir etwas zum Frühstück geholt.

Ich komme außergewöhnlich gut voran, so dass das 90 Kilometer Ziel heute kein Problem sein sollte.

Es ging immer weiter. Das Knie fing ein wenig an zu zwicken. Aber ich habe es ignoriert und bin weiter gefahren.

Irgendwann wurde es immer schlimmer und ich musste versuchen irgendwie das Knie zu entlasten. Doch keine Chance. Wie soll man beim Treten das Knie entlasten?

Als ich Nagykanizsa erreichte, war es dann so schlimm, dass es für mich keine Möglichkeit gab weiter zu fahren. Selbst laufen hat mittlerweile Schmerzen verursacht.

Verdammt. Ich lag perfekt in der Zeit. Enttäuscht und genervt habe ich mir eine Unterkunft gesucht. Dies hat sich als schwieriger als erwartet herausgestellt, so dass ich in ein Hotel gegangen bin.

Dann alles aufs Zimmer gebracht und Beine lang gemacht.

Scheiße, hoffentlich ist das morgen wieder weg.

Tag 12

 

Nein ist es nicht. Das Knie schmerzt noch genauso wie gestern. Also zur Hotellobby und mein Zimmer um einen weiteren Tag verlängert.

Weiter schonen. Es ist Sonntag, doch zum Glück haben in Ungarn trotz dem einige Geschäfte geöffnet. So habe ich mir einen Drogeriemarkt rausgesucht um zu schauen, ob ich da etwas finde, was mir weiter helfen kann.

Auf dem Weg dahin, habe ich das Fahrrad genommen. Nur nach wenigen Metern musste ich aber wieder schieben und konnte immer durch zwischendurch mal rollen.

So ein Mist. Mit so einem Rückschlag habe ich nicht gerechnet.

Im Drogeriemarkt fündig geworden und im Zimmer versucht das Knie zu behandel und Dr. Google befragt, was ich alles machen kann um den Heilungsprozess zu beschleunigen.

In erster Linie Ruhe.

Am Abend ging es dem Knie zumindest so gut, dass ich laufen konnte.

So habe ich einen kleinen Spaziergang durch die Stadt gemacht und in einem netten kleinen Lokal am Marktplatz die ungarische Küche genossen.

Tatsächlich ist es mir bisher nicht schwer gefallen, vegetarische Gerichte zu finden. Ich muss zugeben, das hätte ich so nicht erwartet.

Tag 13

 

Heute scheint mir das Knie wieder besser zu sein. Also ausgecheckt und rauf aufs Fahrrad.

Ja OK, etwas zwickt es noch. Aber ich halte es auch im Hotel nicht mehr aus. Ich will einfach weiter.

Auf dem Weg aus der Stadt, noch einen Zwischenstopp bei einer Apotheke. Doch leider konnte mir da nicht weiter geholfen werden.

Ein weiterer Halt bei einem Drogeriemarkt. Hier habe ich wenigstens einen Knieschoner gefunden. Vielleicht bringt dieser ja etwas.

Dann endlich wieder rauf aufs Fahrrad. Nach dem ich nun schon einige Tage Unterwegs bin, merke ich wie sehr es mich jeden Tag antreibt weiter zu fahren. Ich beginne diese ganzen Langstreckenenthusiasten zu verstehen. Wenn man einmal mitten drin ist, will man, dass es immer weiter geht.

Doch das bleibt mir heute verwehrt. Nichts mit immer weiter. Nach nur wenigen Kilometern ist der Schmerz wieder komplett da. Umkehren will ich trotz dem nicht.

So quäle ich mich die paar Kilometer noch nach Letenye an der kroatischen Grenze und nehme mir hier wieder ein Zimmer.

Diesmal direkt bis Donnerstag. So bringt es leider einfach nichts. Ich muss dem Knie mehr Zeit geben.

Tage 14 und 15

Diese beiden Tage fasse ich einfach mal zusammen. Denn passiert ist nichts. Es dreht sich alles um Ruhe fürs Knie.

Ich mache leichte Übungen und gehe auf Spaziergänge durch den Ort.

Viel Zeit um sich Gedanken zu machen. Gedanken darüber, was das alles für mich jetzt bedeutet.

An dieser Stelle kann ich wohl froh sein, dass ich mir nie einen Festen Plan gemacht habe wie diese Reise aussehen soll und wo ich wann sein möchte. Gerade mal seit Bratislava weiß ich, dass ich an die adriatische Küste möchte um meinen Weg nach Athen fortzusetzen.

Doch durch mein aktuelles Problem, steht nun alles auf der Kippe. Ich hätte nie gedacht, dass mein Körper mal solche Probleme machen würde. Daher bin ich auch absolut nicht auf so eine Situation vorbereitet. Ein Unfall, OK. Das bekomme ich hin. Den lässt man ausheilen und dann geht es weiter.

Aber so. So weiß ich nicht, wo das hinführt. Ist das Problem in ein paar Tagen weg? Dauert die Genesung länger? Wenn sie dann weg ist, kommt das Problem dann irgendwann wieder?

Das sind die Gedanken, mit denen ich mich dieser Tage auseinandersetzen muss.

An den schlimmsten Fall wag ich gar nicht zu denken.

Ich werde am Donnerstag weiter fahren, wenn das Knie einigermaßen in Ordnung ist. Von Letenye bis Zagreb sind es ungefähr 120 Kilometer. Das heißt 2 Tage fahrt für mich. In dieser Zeit werde ich merken, wie es meinem Knie ergeht.

In Zagreb selbst, werde ich dann wieder weiter sehen müssen, wie es weiter geht.

Ich habe vorher nicht groß geplant und mache es jetzt auch nicht. In der Hauptstadt von Kroatien werde ich weiter sehen und neue Entscheidungen treffen. So jetzt der Plan, wer weiß ob dieser so bestehen bleibt.

Da ich gerade so viel Zeit habe mir Gedanken zu machen, möchte ich auch ein weiteres Thema ansprechen.

Das Zelten und die Fremde

Bei meiner Planung und Vorbereitung war dieses Thema ein essenzieller Bestandteil. Ich dachte ich würde alle 3 – 4 Tage einen Schlafplatz unter einem festen Dach aufsuchen um etwaige technische Geräte zu laden und selbst etwas ausführlichere Körperhygiene betreiben zu können und Sachen zu waschen.

Daraus wurde bisher nichts. Jede Nacht habe ich Unterkünfte aus den verschiedensten Gründen aufgesucht. Das geht ganz schön ins Geld und entspricht nicht ganz dem Freiluftabenteuer in meiner romantisierten Vorstellung.

Ich bin dabei diese Gründe für mich zu erörtern und daran zu arbeiten.

Mein Gefühl von Abenteuer wurde bisher dadurch erfüllt, jeden Tag unterwegs zu sein und mit dem Fahrrad fremde Länder und Regionen zu entdecken. Hinzu die sportliche Herausforderung jeden Tag ein bisschen weiter als am Tag zuvor zu fahren.

Reisen hat in meinem bisherigen Lebenslauf keinen großen Platz eingenommen. Der Reiz liegt für mich darin, es einfach zu machen und selber herauszufinden wohin es führt. Die persönliche Komfortzone zu verlassen.

Na klar habe ich mich vorher im Internet ausgiebig mit dem Thema beschäftigt. Es gibt so viele Menschen welche ihre Erfahrungen mit der Welt teilen. Es ist leicht an Informationen zu kommen. Doch wie es am Ende für einen selber ist, das kann man auch nur selbst detektieren.

Und genau das mache ich. Ich lasse die Eindrücke in der Fremde auf mich wirken, um lang indoktriniertes Halbwissen aus meinem Kopf zu überschreiben. Als typischer Mitteleuropäer hört man immer nur, wie gefährlich es auf der Welt ist. Die meisten haben ihr vermeintliches Wissen auch nur von anderen oder aus dem Internet.

Es gab auch auf meiner Reise Situationen in denen ich mich eingangs unwohl oder sogar unsicher gefühlt habe. Zum Beispiel als ich mitten in der Nacht am Bahnhof in Bratislava angekommen bin und noch ein paar Kilometer durch die Stadt radeln musste, um zu meiner Unterkunft zu kommen. Ohne irgendwas über diese Stadt zu wissen, war mir unbehaglich. Warum? Weil sie in Osteuropa ist? Ich weiß es nicht.

Ich komme dort an, bepacke mein Fahrrad und fahre los. Es stellt sich raus, es ist eine ganz normale Fahrt durch eine Großstadt wie ich es schon hunderte male in Leipzig gemacht habe.

Auch hier wieder eine Empfindung welche sich im Nachgang nicht bestätigt hat.

Vorsicht und gesunder Menschenverstand sind ein guter Begleiter. Vor allem anderen kann man sich eh nicht schützen.

Man darf nicht die Idioten, welche es in jedem Land gibt, über das Gesamtbild entscheiden lassen. Das mag jetzt plakativ klingen und irgendwie ist es auch jedem Bewusst. Doch es dann selbst auch anzugehen, ist noch mal etwas anderes.

So auch beim Zelten. Wildcamping ist in so gut wie jedem Land verboten.

Aus irgend einem Grund habe ich in einem fremden Land mehr Respekt davor diese Grenze zu überschreiten, als im Heimatland. Doch ich bin mir sicher, dass auch diese Blockade im Kopf bald fallen wird und wenn sich der nächste gute Platz oder die nächste gute Gelegenheit ergibt, ich diese nutzen werde und dann nicht mehr davon los komme.

Ploetzlich ist alles anders

Kapitel 2

"Die schlechte Nachricht ist, dass die Zeit vergeht. Die gute Nachricht ist, du bist der Pilot." von Michael Althsuler

Da sind wir wieder. Nach dem Ruhetag hatte ich echt wieder richtig Bock aufs Fahrrad zu steigen und weiter zu fahren. Einfach wieder sehen was kommt und wie weit die Füße tragen.

Noch ein gemütliches Frühstück in der Unterkunft gegönnt und dann ging es wieder ans zusammenpacken.

Mittlerweile hat sich da auch eine Routine eingeschlichen, dass dies deutlich schneller von der Hand geht als noch die ersten male. Vielleicht sollte ich daraus auch eine Challenge für mich selber machen?

Tag 6

 

Nach dem das Fahrrad gepackt war, noch ein kurzer Plausch mit dem Besitzer der Unterkunft. Dann aber los. Schon wieder 10 Uhr. Bin wohl doch nicht so schnell wie ich dachte.

Durch die Vorstadt von Bratislava war es noch etwas verwirrend, aber irgendwann war ich dann auf einem rettenden Radweg der mich aus der Stadt, direkt auf den Donauradweg geführt hat.

Ab hier wurde es eine super entspannte fahrt. Es war nicht viel los, der Weg gut ausgebaut und eben. Perfekt um einfach nur Kilometer zu machen. Dabei aber auch nicht vergessen den Blick für die Umgebung zu haben.

Dieser war wirklich wichtig. Denn ganz unscheinbar befand ich mich auf einmal in Ungarn. So richtig hatte ich die Grenzüberschreitung gar nicht mitbekommen, so dass ich noch mal umkehren musste für ein obligatorisches Foto.

Kaum ein paar Meter ins Land gefahren Blicke ich in einen kreuzenden Waldweg und sehe dort einen großen Hirsch stehen. Dieser war leider zu schnell weg um ihn auf Kamera festzuhalten. Eine nette Begrüßung war es dennoch.

Den Donauradweg hatte ich nun auch verlassen und befand mich auf einem Radweg in Richtung Györ.

Entlang vieler Felder und kleiner Dörfer merkte ich auf dem gut ausgebauten Radweg kaum, wie die Kilometerzahl stieg und stieg. Aufgefallen sind mir in den kleineren Orten die kleinen Fähnchen für die Schülerlotzen an den Zebrastreifen. Ich hoffe sowas irgendwann auch mal live zu sehen.

Essen? Ja, stimmt. Das müsste ich ja auch noch. Den ganzen Tag unterwegs. Da gönne ich mir doch was warmes. Also an einem Restaurant halt gemacht.

Vor diesem ein kleiner Teich mit Wohnwagen an der Seite. Leider wurde es mir nicht gestattet dort mein Zelt aufzuschlagen, statt dessen wurde mir wieder ein günstiges Zimmer angeboten.

Ach was soll's? Kann ich wieder alle Batterien aufladen und gemütlich schlafen.

Tag 7

 

Am nächsten Morgen zeitig aufgestanden, kein Frühstück, einfach los.

Kurz nach 8 Uhr saß ich schon wieder auf dem Fahrrad Richtung Györ. Erst als ich dieses kleine Städtchen erreicht hatte, habe ich mir eine Pause an dem Flüsschen Mosoni-Duna gegönnt.

Dann weiter immer Richtung Balaton. Mal sehen wie weit ich es schaffe mich diesen heute zu nähren. Erreichen werde ich ihn nicht, dazu ist es dann doch zu weit.

 

Hinzu kommt eine beachtliche Steigung, welche zum Ende hin immer mehr angezogen hat.

Als es immer später wurde habe ich angefangen Ausschau zu halten um einen geeigneten Platz für mein Zelt zu finden.

Da merke ich immer wieder, dass ich noch ein Frischling bin, was dieses Thema angeht. Aber darauf möchte ich mal gesondert eingehen.

Als es immer später wurde habe ich beschlossen wieder eine Unterkunft aufzusuchen. Es sind zwar noch einige Kilometer, aber bis Zirc schaffe ich es nun auch noch. Dort wird mir eine gute Schlafmöglichkeit angezeigt.

Also weiter gekämpft. Immer weiter nach oben, bis ich dann endlich dort angekommen bin.

Eine nette Frau nimmt mich in Empfang. Wieder komme ich mit Englisch nicht weit. Dafür plötzlich mit Deutsch. Sie führt mich zum Zimmer und Boom, hab ich wieder ein glückliches Händchen bewiesen. Schade, dass ich nur eine Nacht bleibe.

Erst als ich alles ins Zimmer gebracht habe, stelle ich fest, dass die heutige Strecke die längste war und eine beachtliche Zahl an Höhenmeter aufwies.

Tag 8

 

Am nächsten Morgen saß ich gegen 10 Uhr wieder auf dem Fahrrad. Heute habe ich mir nur den Balaton als Ziel gesetzt um ein wenig mehr Zeit für die Region abseits der Strecke zu haben.

Da es gestern lange Zeit Berg auf ging, wurde ich heute mit einer langen Abfahrt entschädigt.

Am beeindruckendsten war dann jedoch der plötzliche Wechsel der Landschaft. Bis hier hat die Natur und Fauna doch sehr der gewohnten in Deutschland geglichen. Schlagartig wurden daraus jedoch Bäumchen und Büsche. Weitläufige Wiesen mit gelegentlichen Steinformationen. Jetzt wird mir erst richtig bewusst, dass es Richtung Süden geht.

Auch der Anblick der Ortschaften änderte sich. Es wirkte nicht mehr so modernisiert. Alles etwas einfacher und ländlicher. Der Norden von Ungarn scheint hier der Kornspeicher des Landes zu sein. Wovon die Region lebt, welche ich nun durchfahre, lässt sich noch nicht erkennen.

Besonders in Erinnerung auf diesem Weg, bleibt mir der kleine Ort Hajmáskér. Beim durchqueren fällt mir eine Turmspitze zwischen den Bäumen auf Ich bin neugierig und möchte dies aus der Nähe betrachten.

Ein wohl ehemals prachtvolles Gebäude ist hier zu einer Ruine verkommen und sich selbst überlassen. Ein trauriger und zu gleich schöner Anblick.

Über eine kleine Seitenstraße fahre ich weiter durch den Ort und sehe Kinder auf einem Steinplatz Fußballspielen. Beim genaueren betrachten bemerke ich, dass es sich scheinbar um einen Sportunterricht handelt.

Ich steige vom Fahrrad und begebe mich zum Lehrer. Doch verdammt. Wieder komme ich mit Englisch nicht weit. Auch Deutsch versteht er nicht. Das ist sehr schade, da ich gerne etwas mit ihm gequatscht hätte.

Wenigstens konnte er mir die Erlaubnis geben, die Kinder bei ihrem Fußballspiel zu fotografieren. Diese hatten auch sichtlich Freude daran für einen kurzen Moment im Rampenlicht zu stehen und das Spiel hat für den Zeitpunkt meiner Anwesenheit deutlich an Fahrt aufgenommen.

Alles war sehr einfach. Im Hintergrund ein deutlich sanierungsbedürftiges Gebäude, welches offensichtlich auch nicht mehr genutzt wird und davor die Kinder, welche Spaß an ihrer Bewegungsstunde haben.

Dies ist ein Augenblick, der mir in Erinnerung bleibt. Auch jetzt wo ich diesen Text schreibe, freue ich mich, wenn ich daran denke. Ich hoffe ich habe noch einmal Gelegenheit Kinder beim Unterricht einen Besuch abzustatten. Das behalte ich im Hinterkopf.

Es ging weiter durch kleinere Ortschaften, an welchen ich auch gerne mal die kleineren Nebenstraße durchstöberte.

An einer Stelle ist mir eine Katze aufgefallen, welche scheinbar die Sonne genossen hat. Doch bei genauerem hinsehen, war doch zu erkennen, dass die Katze nicht aus Spaß an der Sonne dort gelegen hat, sondern aus Kraftlosigkeit. Mehr als Wasser konnte ich ihr jedoch nicht anbieten. Das arme Geschöpf war übersät von Blessuren und Hautveränderungen. Ein trauriger Anblick.

Beim durchqueren der Ortschaften, wurde mir auch klar, dass die Leute hier, einen ganz andere Beziehung zu ihren Tieren haben. Viele Hunde habe ich gesehen, welche einfach nur an der Kette gehalten wurden. Auch der allgmeine Zustand von vielen Vierbeinern in den Höfen, entsprach nicht dem mir gewohnten und gewünschten Bilde. Doch auch dies, ist noch mal ein Thema für sich.

So nährte ich mich dem Balaton. Zuletzt war ich hier gewesen zu Abschlussfahrt in der 10. Klasse. An Erinnerung ist mir jedoch nicht viel geblieben.

Es fällt sofort auf, dass die Zeit hier stehen geblieben scheint. Viele Gebäude scheinen noch im Zustand wie vor 30 Jahren zu sein. In Stand gehalten und funktional. Immer mal wieder auch verfallene Gebäude. Etwas Schade ist der Anblick schon.

Dies wird besonders klar, wenn man den Balaton selbst erreicht. Ich hatte nun besonderes Glück mit dem Wetter. Die Sonne lies den See im schönsten Blau erstrahlen. Auch wenn keine Badegäste mehr vor Ort sind, kann man sich sehr gut vorstellen, wie es hier zur Sommersaison aussehen muss.

Ich habe mich über eine Stunde einfach nur an den See gesetzt, etwas gegessen und die Windsurfer beim gleiten über die Seefläche beobachtet.

Ich konnte mich ein wenig mit einem Mann mit einem mix aus Englisch und Deutsch unterhalten. Er erzählte mir, dass im Sommer hier noch immer viel los ist und im Winter zwischen Januar und März der See auch zufriert und man die Eisfläche super für Wintersport nutzen kann.

An warmen, sonnigen Tagen wie diesen, fällt es mir schwer vorzustellen, wie diese Region und der See in Eis und Schnee gehüllt aussehen. Das würde ich auch gerne mal sehen. Aber nicht diesmal.

Ein Stück bin ich dann noch auf Balaton entlang gefahren bevor ich mit eine Unterkunft für die nächsten 2 Nächte gesucht habe.

Ich habe mal wieder einen Rest Day geplant. Morgen soll das Wetter eh nicht sonderlich attraktiv werden und ich möchte noch ein wenig meiner Route, meinem Verbleib planen und an der Webseite arbeiten.

Fazit bis hier her. Der Trip läuft anders, als ich es geplant habe. Aber ich wachse noch. Es ist meine erste große Reise. Dann noch mit dem Fahrrad. Ich habe mich viel mit dem Thema in den letzten Wochen und Monaten beschäftigt. Doch erst wenn man es selbst erlebt, weiß man, wie man die Sache mit sich regelt. Ich lerne von Tag zu Tag dazu und fange jetzt erst richtig an, mich an das Leben Unterwegs zu gewöhnen.

Ich bin gespannt was noch kommt und wie sich diese Reise entwickeln wird.

Aber ich… Los jetzt!

Kapitel 1

"Manche Arbeiten muss man dutzende Male verschieben, bevor man sie endgültig vergisst."  von Unbekannt

Mit diesem Zitat ist die letzte Vorbereitungswoche für meine Reise am besten zusammengefasst. Auch wenn besonders eine Freundin, alles versucht hat, für mich mitzudenken. Die Löcher in meinem Kopf waren einfach zu vielzählig, um sie mit einzelnen Flicken stopfen zu können. Es musste an so viele Kleinigkeiten gedacht werden, so dass diese immer wieder eine Lücke gefunden haben, um als unverarbeitete Tat meinen Kopf zu verlassen.

Ein Startschuss musste her. Der Blick auf die Wetterprognose deutete an, dass ich los muss. Wenn ich noch länger warte, finde ich nur noch mehr Gründe den Starttermin zu verschieben.

Meine erste große Reise, allein auf mich gestellt. Reisen allein kenne ich schon. Doch noch nie für einen solchen langen Zeitraum und schon gar nicht für eine solche Tour.

Die genauen Gründe für diesen Schritt, erörtern wir im Laufe der Reise. Einen kann ich nennen:

Wie bisher konnte es nicht weiter gehen. Ich muss etwas ändern.

Ein radikaler Schnitt und der Austritt aus der eigenen Komfortzone soll mir helfen meinen Kopf frei zu bekommen und zu fokussieren.

Los jetzt. Keine Zeit und Geduld mehr die eigenen Gefühle oder die von Freunden und Familie in Frage zu stellen oder zu berücksichtigen.

 

Tag 1

 

Am 02. Oktober kurz nach 11 Uhr saß ich endlich auf dem Fahrrad. Doch bevor ich Leipzig den Rücken kehren konnte, musste noch ein Problem gelöst werden.

Diese verdammte Luftpumpe passt nicht auf mein Ventil. Was haben die mir denn da im Fahrradladen verkauft? Also zum nächstgelegenen Fahrradladen und mein Problem präsentiert. Schnell war der Fehler gefunden. Er stand vor dem Fachmann und will eine Reise nach Athen machen. Dabei kann er seine eigene Luftpumpe nicht mal so umbauen, dass sie auf seine Ventile passt.

Aber hey, Problem gelöst, dann kann es doch jetzt los gehen.

Also etwas mehr Druck auf die Reifen gebracht und in die Pedale getreten. Noch etwas wackelig, da das Fahren unter einer solchen großen Last doch ungewohnt ist. Mit jedem Kilometer wurde ich souveräner. Bevor ich Leipzig jedoch komplett hinter mir gelassen habe, musste noch mal ein kurzes Päuschen am Cospudener See gemacht werden. Dabei einen kurzen Plausch mit einem Wanderer gehabt.

Wanderer: "... so ist richtig. Nicht lang quatschen. Machen!"

OK, alles klar. Ich fahr ja schon weiter.

Es läuft gut. Stück für Stück rückt die Vertraute Umgebung in die Ferne. Es fängt an hügliger zu werden. Und das ist ein Problem. Verdammt ist das alles schwer! Um so mehr Steigungen kommen desto bewusster wird mir, dass ich so nicht lange durchhalte.

Als es schon anfängt dunkel zu werden, stehe ich gerade mitten in Rochwitz und denke nach. Was mache ich jetzt? So kann ich unmöglich weiter fahren. Aber jetzt die Reise abbrechen, wäre lächerlich.

Also beschließe ich eine Unterkunft aufzusuchen um mein Zeug noch mal durchzugehen.

Alles ausgebreitet und die Gedanken sortieren, was wirklich wichtig ist und was nicht. In diesem Augenblick erreicht mich auch der Mutterinstinkt per Handy. Nicht meiner, sondern der meiner Mutter. Mutterinstinkt eben. Welch Glück habe ich doch. Mir wird der Vorschlag unterbreitet, dass meine Eltern persönlich lang kommen um überschüssigen Kram mitzunehmen. Welch Erleichterung und Zeitersparnis für mich. Also den Rest des Abends in der Unterkunft damit verbracht, Sachen auszusortieren.

Ein ganzer Beutel hat sich entschieden, die Reise nicht weiter mit mir fortzusetzen. Damit konnte ich die erste Nacht trocken in einem warmen Zimmer und besten Gewissens schlafen.

Am nächsten Morgen dann ein Kraft gebendes Frühstück. Das muss ich auch erst wieder lernen. In den letzten Tagen ist Essen deutlich vernachlässigt worden. Dies darf natürlich kein Dauerzustand werden.

 

Tag 2

 

Ausgecheckt und die Taschen vor die Tür gebracht, höre ich auch schon das charakteristische Lachen meines Vaters über den Parkplatz vom Gasthof hallen. Die lieben Eltern in Begleitung von Tante und Onkel auf dem Weg zum Familientreffen im Erzgebirge, retten dem Sohn die Reisepläne. Die Gelegenheit den eigenen Eltern mal die volle Ausrüstung im gepackten Zustand zu zeigen. Ganz schön viel. Trotz eines großen, roten, aussortierten Beutels.

Noch mal eine Richtige Verabschiedung und dann aber auch los. Es ist schon wieder spät am Tag und es wird zeitig dunkel.

Nach wenigen Metern bleibe ich aber auch schon wieder stehen. Die Regensachen müssen raus. Auch die Sachen die ich drunter ziehe werden mehr. Im Laufe des Tages wird es ein Wechselspiel aus Regensachen an, Regensachen aus, Regensachen an, Regensachen aus, bis ich mich dazu entschließe sie einfach an zu lassen.

Noch ziemlich am Anfang der heutigen Etappe, treffe ich einen Jägersmann und führe ein kurzes Pläuschchen mit diesem. Er hatte gerade eine Rotte Wildschweine beobachtet. Wenigstens diese scheinen sich bei diesem Wetter wohl zu fühlen. Er hat mir noch einen guten Tip gegeben um nach Chemnitz rein zu kommen und dann bin ich weiter.

Weidmannsheil!

Tatsächlich hat mich ein schön ausgebauter Radweg bis ins Zentrum von Chemnitz geführt. Doch Zeit für eine Stadtbesichtigung habe ich mir nicht genommen. Ich bin einfach nur durchgefahren. Genervt vom Wetter. Lediglich die Zeit, in einem Dönerladen auf dem Weg, ein paar Nudeln zu essen, habe ich mir genommen. Ja, Nudeln.

Mit etwas warmen im Bauch ging es auf zum nächsten Abschnitt der heutigen Tour. Dieser hatte es in sich. Die Anstiege wurden krasser und der Regen prasste auf mich nieder. Am Ende meiner Kräfte habe ich irgendwann im Strömenden Regen beschlossen wieder eine Unterkunft zu nehmen. Diesmal auch nicht lange nach guten Angeboten gesucht. Hauptsache nah. Fündig habe ich mich durch die letzten Kilometer gequält.

Am Schalter fülle ich alles zum einchecken aus, da kommt ein älteres Ehepaar hinter mir rein. Diese haben mich erkannt. Offensichtlich sind sie an mir mit dem Auto vorbeigekommen und haben mir ihr Mitleid bekundet. Danke. Aber eine warme Dusche und viele Heizungen um meine Sachen zu trocknen sind jetzt alles was ich brauche.

So Stand ich in meinem Zimmer. Die Sachen zum Trocknen überall verteilt. Dann die womöglich beste Dusche meines Lebens.

Als alles fertig war, bin ich erschöpft ins Bett, grübelnd wie es weiter gehen soll.

 

Tag 3

 

Am nächsten Morgen sah die Welt schon wieder anders aus. Es gab wieder ein reichhaltiges Frühstück. Die Überlegung noch eine Nacht zu bleiben, habe ich schnell verworfen. Ich wollte wieder auf die Straße. Heute endlich die Grenze überqueren.

Also wieder Sachen gepackt. Und los. Heute war auch keine Nässe von oben mein Begleiter. Nur wieder elendige Anstiege. So kämpfte ich mich immer weiter nach oben. Dem Grenzübergang immer etwas näher. Mit der Navigation kämpfend entschied ich mich immer wieder für andere Wege. Wie sich herausstellte, dann irgendwann, zu Recht.

Ich habe einen kleinen unscheinbaren Grenzübergang in die Tschechische Republik gefunden. Mitten hinein in einen dunkeln Wald. Zivilisation schien weit entfernt. Irgendwo musste es doch aber Bevölkerung geben. Wer sonst sollten diese Tschechen sein?

Am Ende des Waldes eröffnete sich mir dann auch eine neue Welt.

Ein bisschen wie Mittelerde, Grüne Hügel, Wälder in entfernter Landschaft und kleine Häuseransammlungen. Nur leider unter grauem Himmel. Aber vom Gefühl strahlte die Sonne.

Damit stieg auch meine Laune und ich bin weiter immer Richtung Chomotov/Komotau gefahren.

Die letzten Kilometer wurde ich dann auch mit einer ordentlichen Abfahrt belohnt.

Gegen 17 Uhr war ich dann im Ort und ich hatte beschlossen gleich weiter mit dem Zug nach Prag zu fahren. Das Wetter wurde eh wieder schlecht und ich möchte nun ein paar Kilometer überspringen.

Es hatte etwas gedauert, bis die Dame am Schalter verstanden hat, was ich von ihr wollte. Irgendwann hatte ich mein Ticket in der Hand. Auf den Zug wartend durchsuchte ich das Internet nach möglichen Übernachtungsmöglichkeiten in Prag und musste feststellen, dass dieses Wochenende exorbitant teuer ist. Also spontan entschlossen doch in Chomotov zu bleiben und das Ticket verfallen zu lassen. Es ist günstiger hier zu bleiben.

Mir eine Unterkunft gesucht und eingekehrt.

Am Tisch mit zwei Tschechen zu Abend gegessen und Bier getrunken. Leider kam es zu keiner richtigen Konversation, da weder Englisch noch Deutsch für sie gebräuchlich war.

Den Abend dann zeitig schlafen gegangen. Hat aber nichts gebracht. Die Nacht war nicht erholsam. Ich war immer wieder wach. Irgendwie war ich genervt.

 

Tag 4

 

Am nächsten morgen war ich nicht wirklich erholt.

Zum Frühstück gegangen und wenigstens dort für den schlechten Schlaf entlohnt. Dann wieder das alte Spiel. Sachen packen, zum Fahrrad bringen bestücken und los.

Wieder zum Bahnhof. Es saß die gleiche Frau am Schalter wie gestern. Warum ist der Typ schon wieder da. Diesmal mit einem neuen anliegen. Ich will nach Bratislava.

Ja ich habe beschlossen einige Kilometer Richtung Süden zu überspringen in der Hoffnung auf erträglicheres Wetter.

Auch das hat wieder eine weile gedauert, bis alles verständlich wurde. Mit einer großen Zahl an Tickets setzte ich mich an den Bahnsteig und wartete. Wartete. Wartete, Ja mein Zug hat Verspätung. Wie in Deutschland. Wenn ich mal Zug fahre ist immer was.

Endlich kam er dann doch. Nächste Hürde, der Einstieg lag gefühlt 2 Meter über den Bahnsteig. Mein Fahrrad wog mit dem Gepäck gefühlt eine Tonne. Der Schaffner, 2 Reisende und ich haben es dann irgendwie geschafft mein Fahrrad durch die Enge Zugtür in das Abteil zu hieven. Na das kann ja noch was werden.

Mitten in der Pampa an einem Bahnhof bleiben wir stehen und ich werde gebeten den Zu zu verlassen und einen anderen zu nehmen. Dieser Wagon, in dem ich war, ist kaputt und der Zug fährt ohne Fahrradabteil weiter.

Super. Mein Zugglück. Und das alles mit dem ganzen Gepäck. Ein Krampf.

Dann wieder an der Information lange Erklären müssen, was mir da eben passiert ist. Irgendwann hatte ich ein neues Ticket für einen Zug nach Prag.

Diesmal war ich auch besser vorbereitet auf den hohen Einstieg in den Zug. Dieser Zug kam diesmal auch nur mit leichter Verspätung. Endlich weiter. Gegen 16 Uhr dann endlich in Prag.

 

Wieder zur Bahninformation. Zum Glück waren sie in der Hauptstadt besser auf internationale Gäste eingestellt und so ging es dort am Schalter ganz schnell und ich hatte mein Ticket für die weiterfahrt nach Bratislava.

Die Stunde Zeit, habe ich genutzt um mir etwas warmes zu Essen zu holen.

Diesmal kam der Zug auch pünktlich.

Beim Einstieg kommt ein anderer Reisender auf mich zu. Wie sich herausstellt, ist er auch ein begeisterter Fahrradreisender und so gab es direkt ein Thema worüber wir uns austauschen konnten. Glücklicherweise war er auch der englischen Sprache mächtig und wir konnten ein ausgewogenes, interessantes Gespräch führen. Leider musste er den Zug nach relativ kurzer Zeit wieder verlassen und meine Fahrt ging allein weiter.

Oh verdammt, ich brauche ja noch eine Unterkunft wenn ich in Bratislava ankomme. Also noch schnell online eine gebucht. Puh, läuft doch.

Kurz vor Bratislava stelle ich fest, dass die Unterkunft nicht wie ich dachte in der Nähe vom Bahnhof, sondern in der Nähe vom Flughafen ist.

OK. Das befördert mich mal wieder aus meiner Komfort Zone. Bei Nacht einige Kilometer durch eine fremde Stadt. Etwas unwohl ist mir da schon.

Am Bahnhof angekommen packe ich mein Fahrrad, bringe Licht und alles an. Dann los auf die Straße.

Kaum war ich raus aus dem Bahnhof verfliegt das ungute Gefühl. Wenn ich rolle ist alles gut und ich bin unaufhaltsam. Außerdem scheinen alle anderen auch mit sich selbst beschäftigt zu sein.

Ich peitsche durch die Nacht und komme nach gar nicht all zu langer Fahrtzeit an meiner Unterkunft an. Und was für eine! Gut dass ich 2 Nächte gebucht habe.

So habe ich morgen keinen Stress und kann in aller Ruhe planen, wie meine Reise weiter gehen soll.

Am nächsten Morgen Gefrühstückt und den Tag entspannt. Das Fahrrad gewartet, die weitere Route geplant und Text für die Webseite geschrieben.

Kurz ca. 2 Stunden durch die Gegen gelaufen, aber den Rest des Tages im Zimmer verbracht.

Kein Aufbruch ohne Abbruch

Prolog

Linke Gehirnhälfte: "Mensch, so ein eigener umgebauter Van, das wäre doch was."

 

Rechte Gehirnhäfte: "Andy, bleib realistisch, du hast weder das Geld dir einen Van zu kaufen, geschweige denn ihn umzubauen."

 

LGH: "Aber so ein Dachzelt. Das geht doch, oder?"

 

RGH: "Wo willst du das dann drauf machen? Auf dein kleines rotes Geschoss? Klar, es ist zuverlässig und wahrscheinlich wird es uns alle überleben. Aber auch nur so lange du nicht hunderte Kilo aufs Dach schnallst. Außerdem schau dir mal an, wie teuer ein gutes Dachzelt ist."

 

LGH: "Ist ja gut. Ich fahre ja schon weiter."

 

Ja, Unterwegs schießen mir immer die verrücktesten Gedanken durch den Kopf. Habe ich schon erwähnt das ich meinen Job gekündigt habe? Und meine Wohnung?

 

Wofür? Neuer Job? Neue Liebe? Neue Stadt? Quatsch. Ich doch nicht.

 

LGH: "Hey, Athen."

 

RGH: "Was ist damit?"

 

LGH: "Da war ich noch nie."

 

RGH: "Und?"

 

LGH: "Ist bestimmt cool da."

 

RGH: "Willst du da mit deinem Auto hinfahren oder was?"

 

LGH: "Ich mag Fahrrad fahren."

 

RGH: "Ach komm schon. Wirklich?"

 

LGH: "Ich geh mal zum Fahrradladen und erkundige mich mal, ob mein Fahrrad für eine solche Reise gemacht ist, dann sehen wir weiter."

 

Ja, so oder so ähnlich ist das Gespräch abgelaufen. Das Gespräch mit mir selbst. Ich glaube es war noch etwas ausführlicher und die ein oder andere Beleidigung ist auch gefallen. Aber letztlich konnte ich mich mir gegenüber durchsetzen. Das war die erste Hürde.

Die nächsten Wochen und Monate war es dann immer wieder Thema, Was braucht man? Wie kann ich mich vorbereiten. So viele Leute auf der Welt scheinen riesige Touren zu machen und es scheint nicht so unmöglich. Warum also sollte ich das nicht auch schaffen?

Ein bisschen Geld habe ich und noch viel mehr Zeit.

Bevor ich mich also wieder komplett in die Gesellschaft integriere, will ich doch erst einmal schauen, was die Welt noch so für mich bereit hält.

OK, ich gebe zu, es waren deutlich mehr Gedankengänge nötig um diesen Entschluss zu fassen. Aber nicht alle waren relevant.

Jetzt heißt es einfach nur Ziel setzten und alles dafür tun, es zu erreichen. Ich will, dass mein Fahrrad am Stadthafen von Athen steht.

Dazu brauche ich keine Wohnung. Keine Möbel und keinen Job.

Los geht’s.

Gucken wir doch mal was die Zukunft bringt und wie sie mich formt.